Mittelmeer-Sommer 2019
Rekord-Hitze, Dürre und viel Sonnenschein – schon wieder ein Sommer der Superlative
Witterungsbericht der Wetterstation Eiweiler
Von Jörg Hoffmann – Eiweiler, den 24. September 2019
Schon wieder erlebte das Saarland einen Sommer wie am Mittelmeer mit extremer Hitze, Trockenheit und viel Sonnenschein, der den heißen Sommer 2018 noch übertrumpfte. Somit lag der Temperaturdurchschnitt im Sommer an der Wetterstation Eiweiler mit 19,8°C um 3,1 K über dem Wert der gültigen Normperiode 1961 bis 1990 für das Saarland – im Vergleich zur 30-jährigen Norm der Messreihe seit 1989 war der Sommer um 2,1 K zu warm.
Damit erlebten wir den zweitwärmsten Sommer der Eiweiler Messreihe hinter 2003, als es noch um 0,7 K wärmer als diesmal war.
Deutschlandweit rangiert der Sommer 2019 an dritter Stelle hinter 2018 und 2003 und im Osten Deutschlands war es sogar der wärmste Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881.
Der Sommer 2019 war von Hochdruckgebieten geprägt und die Tiefausläufer hatten nur selten eine Chance – an rund zwei Drittel aller Tage bestimmten Hochs das Wetter. In jedem Monat kam es jeweils in der letzten Dekade zu markanten Vorstößen sehr heißer Luft, die zu extremen Hitzewellen mit neuen Temperaturrekorden geführt haben.
Zwei derart heiße Dürre-Sommer in Folge hat es in der Wettergeschichte in dieser Ausprägung noch nie gegeben.
Viele Parameter erreichten neue Rekorde oder Spitzenplatzierungen innerhalb der Messreihe. Am 24. Juli wurde mit 39,0°C ein neuer absoluter Wärmerekord der Eiweiler Messreihe aufgestellt.
Besonders eindrucksvoll ist der neue Rekord von 26 Heißen Tagen, deren Anzahl sich im Vergleich zur Norm verdreifacht hat. Der bisherige Rekord aus 2003 und 2015 mit 23 Tagen wurde sogar deutlich übertroffen. Auch die Anzahl der Warmen Tage erreichte mit 86 einen neuen Höchststand. Mit 58 Sommertagen wurde der 3. Platz der Messreihe hinter 2018 und 2003 verbucht. An 6 Tagen stiegen die Temperaturen sogar über 35°C an, was den 2. Rang hinter dem Rekord aus 2003 mit 10 Tagen bedeutet.
Der Sommer 2019 bescherte 5 Tropennächte, an denen die Tiefsttemperatur nicht unter 20°C gesunken. Dabei wurde mit 24,7°C als Minimum am 26. Juli der absolut höchste Tiefstwert der Messreihe erreicht.
33 so genannte Tropenabende (ab 20°C) und immerhin 51 warme Abende, an denen es nicht unter 18°C zum Abendmesstermin abgekühlt war, unterstreichen den mediterranen Charakter des Sommers.
Die Sonne schien mit 837 Stunden ein Drittel oder 205 Stunden mehr als im Durchschnitt, was den 2. Platz hinter Rekordhalter 2003 mit 923 Stunden bedeutet. Mit 39 Heiteren Tage rangiert der Sommer hinter 2018 und 2003 auf Rang 3.
Die Kehrseite des Sommers war die große Trockenheit, denn mit einer Niederschlagssumme von 126,7 Liter auf den Quadratmeter wurde nur 54 Prozent des Solls erreicht. Somit erlebte Eiweiler den zweit-trockensten Sommer hinter 2015 mit 110 mm.
Alle drei Sommermonate brachten Mittelwerte von über 19°C hervor, wobei der Juni mit einem Mittelwert von 19,6°C und einer positiven Abweichung von 4,0 K besonders extrem ausfiel und damit zum zweitwärmsten Juni hinter 2003 (19,9°C) wurde. Gleichzeitig war der Juni bei einer Regensumme von 24,5 Liter pro Quadratmeter sehr trocken, was ein Defizit von 47 Prozent bedeutete.
Der Juni startete mit Hoch PIA schon hochsommerlich-heiß, als am 2. Juni der erste Heiße Tag der Saison auftrat. Am 5. Juni pumpte Wellentief HEIKO auf seinem Weg von der Iberischen Halbinsel nach Norddeutschland schwül-warme Luft heran und abends entlud sich ein kräftiges Gewitter mit Sturmböen, das eine Regenmenge von 11,8 mm gebracht hat.
Nach kurzem Zwischenhocheinfluss vertiefte sich am 7. Juni unter einem scharfen Höhentrog über Westeuropa Tief IVAN zu einem Sturmtief, das rasch nach England zog. Am späten Nachmittag überquerte uns dessen Kaltfront ohne Regen, dafür aber mit heftigen Wind- und Sturmböen.
Am Pfingstwochenende bescherte Hoch RENATE freundliches Wetter und es war mäßig warm. Ein sich immer wieder regenerierender Langwellentrog über dem Ostatlantik und Westeuropa bestimmte in der ersten Monatshälfte das Wetter mit einer Luftmassengrenze über Deutschland, die schwül-heiße Luft im Osten von kühlerer Luft im Westen trennte. Dabei stellte sich ein großes Nordost-Südwestgefälle ein, bei dem es in Berlin heißer als in Freiburg war.
Bis Monatsmitte blieb es wechselhaft unter Einfluss der Tiefs KLAUS und JÖRN, die bei uns leichte Schauer brachten, während in manchen Regionen über dem Osten und Süden Deutschlands schwere Unwetter niedergingen.
Am 16. Juni wanderte Hoch TALE aus Frankreich herein und sorgte für Erwärmung. Die Höchstwerte kletterten am 18. auf 30°C.
Die Kaltfront von Tief MOMO bei Norwegen brachte am 20. Juni zwar eine Abkühlung, jedoch nur einen schwachen Schauer bei 0,3 mm. Am 21. Juni folgte die Hochzelle ULLA nach und es wurde wieder heiter. Hoch ULLA erreichte am 22. Juni die Nordsee und der Wolkenschirm eines von Südfrankreich zu den Alpen ziehenden Höhentiefs beeinflusste uns mit feuchter Luft, in der sich abends ein Schauer gebildet hat.
Ab 23. Juni stellte sich die erste Hitzewelle des Sommers ein. Am Rande des Hochs ULLA wurden aus Südeuropa extrem heiße Luftmassen für Ende Juni nach Mitteleuropa gepumpt, so dass am 26. Juni mit 36,2°C ein neuer Juni-Rekord erreicht wurde, der aber nur 3 Tage hielt. Außerdem wurde an diesem Tag auch ein neuer absoluter Rekord bei der Abendtemperatur mit 28,8°C aufgestellt.
Die nicht wirksame Kaltfront von Tief OTTO brachte am 27. Juni eine kurze Verschnaufpause von der Gluthitze, als am Rande des rasch folgenden Hochs VERA über der Nordsee erträglichere Luft einsickerte, so dass nur noch 30°C bei weiterhin sonnigem Wetter gemessen wurde. Bis Monatsende ging es wolkenlos weiter und mit Verlagerung des Hochs VERA nach Ungarn strömte vorderseitig des Tiefs NASIR bei Schottland wieder kontinentale Tropikluft nach Deutschland ein, die am 30. Juni mit 36,4°C für einen neuen Juni-Rekord in Eiweiler gesorgt hat.
Zum Start in den Juli kam es nach Passage der Kaltfront des Tiefs NASIR zu einem Temperatursturz, und die eingeflossene trockene Polarluft geriet rasch unter Einfluss des neuen Hochs WINNIE über Westeuropa. Es war wieder sonnig bei Temperaturen um 27°C. Die Trockenheit verschärfte sich weiter, da erneut eine Kaltfrontpassage ohne jeglichen Niederschlag verbunden war. Mit Verlagerung des Hochs nach Mitteleuropa wurde es heißer, so dass am 6. Juli 32°C gemessen wurden.
Die Kaltfront des zur Ostsee gezogenen Tiefs PIRMIN brachte am 7. Juli einen Temperatursturz auf 16,7°C und mit 2 mm fiel der erste Regen seit 22. Juni. Bis zum 10. Juli setzte sich durch das in zwei Kerne aufgespaltene Hoch WINNIE wieder freundliches Wetter durch.
Am 11. Juli zog von England Tief QUINCTILIUS langsam zur Nordsee und Hebungsprozesse in der sehr feuchten, subtropischen Luftmasse sorgten am Abend für starke, gewittrige Regenfälle mit einer Menge von 19,2 mm.
Auch am 12. gingen Gewitterschauer nieder, ehe sich danach mit dem neuen Hoch XANDRA über den Britischen Inseln eine Nordlage einstellte, bei der es zunächst mäßig warm war, aber mit Verlagerung des Hochs nach Mitteleuropa am 17. und 18. Juli die Temperaturen bis 28°C anstiegen. Mit Annäherung der Fronten des Islandtiefs SEPP wurde es schwüler, doch fiel mit 0,3 mm nur geringer Regen.
Am 20. Juli nahm die zweite Hitzewelle des Sommers ihren Anfang, als Hoch YVONNE nach Mitteleuropa gewandert war und sich eine so genannte Omega-Lage etablierte, wodurch wir unter einem breiten Höhenrücken lagen, der von Marokko über den Mittelmeerraum und Deutschland hinweg bis nach Skandinavien reichte. Der Zustrom sehr heißer Luft aus Südeuropa verstärkte sich dadurch weiter, so dass am 24. Juli in Eiweiler mit 39,0°C nicht nur ein neuer Monats-Rekord erreicht wurde, sondern die absolut höchste Temperatur der Wetterstation gemessen wurde. In Neunkirchen-Wellesweiler und Saarbrücken-Burbach wurde sogar die 40°C-Marke überschritten (40,2°C). Am 25. Juli hielt die außergewöhnliche Gluthitze mit 38,8°C weiter an.
Im westlichen Mitteleuropa erreichte an diesem Tag die extreme Hitzewelle eine historische Dimension und ging als heißester Tag überhaupt in die Wettergeschichte ein, denn im westlichen Deutschland wurde an zahlreichen Wetterstationen erstmalig die 40°C-Marke überschritten und Rekorde nahezu flächendeckend gebrochen – 25 Wetterstationen meldeten 40°C und mehr, wobei Lingen im Emsland mit 42,6°C einen neuen Deutschland-Rekord aufgestellt hat. Auch aus Belgien, den Niederlanden und Frankreich wurden neue Rekorde gemeldet.
Die Nächte waren extrem warm und in Eiweiler traten drei Tropennächte in Folge auf, am 26. Juli wurde es morgens nicht kühler als 24,7°C, was ein neuer Rekord bei den Tiefstwerten bedeutete. Tagsüber blieb es mit 36,1° tropisch heiß, ehe abends die Konvergenzzone von Tief VINCENT einen schwachen Schauer mit 0,2 mm gebracht hat. Die Ausläufer des Tiefs sorgten am 27. für gewittrige Schauer und einem Temperatursturz auf 22,5°C. Am 28. Juli war es trüb mit etwas Sprühregen und mit Maxima von 18°C war es rund 20 Grad kühler als an den Vortagen. Unter Hochdruckeinfluss ging der Juli danach freundlich bei wieder hochsommerlichen 28°C zu Ende.
Auch der Juli verlief insgesamt trocken, denn bei einer Niederschlagssumme von 39,6 Liter pro Quadratmeter fiel nur knapp die Hälfte des durchschnittlichen Monatssolls.
Der August fiel mit einem Mittelwert von 19,7°C um 2,8 K zu warm aus und mit 62,6 Liter auf den Quadratmeter gab es wenigstens etwas mehr Regen als in den beiden Vormonaten, dennoch blieb letztlich noch ein Defizit von 19 Prozent bestehen.
Mit dem nach Deutschland gezogenen Hoch ZELLA begann der August freundlich und trocken, wobei am 4. August 30,6°C gemessen wurde. Die Fronten des Tiefs XAVER über England griffen ab 5. August über, es wurde wechselhafter mit Schauern und kühlte auf 22°C ab. Am 8. August sorgte das mit der westlichen Strömung durchziehende Zwischenhoch ANDREA für Wetterberuhigung.
Mit der Warmfront des vom Ostatlantik nach Irland gezogenen Sturmwirbels YAP wurde schwül-heiße Luft zu uns gelenkt, die Höchstwerte stiegen bis 32,2°C an. Abends griff die markante Kaltfront des Tiefs mit Gewitter und Sturmböen über. Dabei fegte über den Südwesten Luxemburgs ein Tornado hinweg, der in einigen Ortschaften eine Schneise der Verwüstung hinterließ. Eindrucksvoll waren die Wolkenformationen, die im Vorfeld der Kaltfront über Eiweiler am westlichen Horizont nach Norden zogen und damit auf die explosive Luftmasse hindeuteten.
Innerhalb der westlichen Höhenströmung blieb es bis nach der Monatsmitte wechselhaft und mäßig warm. Die Fronten des kräftigen Tiefs BERND mit Kern südlich von Island brachten am 17. und 18. August starke Regenfälle, die insgesamt für eine Summe von 26 mm gesorgt haben, so dass die große Dürre etwas gelindert wurde. Am 18. war es aufgrund der Zugbahn des Tiefs sehr windig bis stürmisch und schwere Unwetter wüteten dabei vor allem im Rhein-Main-Gebiet.
Nach Abzug von Tief BERND wanderte die Hochzelle CORINNA aus Westen heran und bescherte wieder sonniges, oft wolkenloses Sommerwetter bei langsamer Erwärmung.
Im Verlauf der letzte Dekade stellte sich die dritte intensive Hitzeperiode des Sommers ein, ab 25. August kletterten die Temperaturen über 30°C. Am 28. August unterbrach das Tief CARLO mit einem Schauer den späten Hochsommer, ehe das Hoch DORIS für die Fortsetzung der Hitze gesorgt hat.
Der August verabschiedete sich hochsommerlich heiß mit 34,4°C und gegen Abend brachte die Konvergenzlinie von Tief EGBERT ein kurzes Gewitter.
Der Sommer 2019 war erneut ein Sommer der Superlative, der die für damalige Verhältnisse auch schon besonders heißen Sommer des letzten Jahrhunderts wie 1976, 1983 oder 1994 locker in den Schatten gestellt hat. Dass seit Beginn des neuen Jahrtausends innerhalb von nur 16 Jahren mit 2003, 2018 und 2019 gleich drei extreme Sommer als „Jahrhundertsommer“ bezeichnet werden können, dürfte einmalig in der Wettergeschichte sein und zeigt, wie stark wir uns mitten im Klimawandel befinden.
Der Trend scheint eindeutig in Richtung mediterraner Sommer zu gehen, denn auch die Sommer 2006, 2013, 2015 und 2016 waren teilweise auch überdurchschnittlich warm und sonnig.
Die Folgen von Hitze und Dürre waren im Sommer unübersehbar – zahlreiche Waldbrände, wie wir sie sonst nur aus Südeuropa kannten, traten auch in Deutschland auf.
Die Natur litt massiv unter Wassermangel und Hitze, so dass ganze Fichtenwaldstücke durch Borkenkäferbefall abgestorben sind. Die Arbeitsgemeinschaft deutscher Waldbesitzerverbände sprach sogar von einer Jahrhundertkatastrophe für den Wald angesichts des Klimawandels.